top of page

Vom Code zur Kommunikation: Wie MCP und A2A den Softwarebegriff neu ordnen

  • Autorenbild: Tobias Abthoff
    Tobias Abthoff
  • 13. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 15. Apr.

Für Jahrzehnte war Software vor allem eins: exakt. Eingaben wurden verarbeitet, Regeln angewendet, Ergebnisse geliefert – berechenbar, zuverlässig, wiederholbar. Wir haben Systeme gebaut, die taten, was man ihnen sagte. Nicht mehr, nicht weniger.


Dieser deterministische Ansatz hat ganze Branchen getragen – von der Buchhaltung über den E-Commerce bis zur Fertigung. Doch irgendwann geriet diese Architektur an eine Grenze: Sie skaliert schlecht, wenn Anforderungen unscharf sind, sich in einer VUCA-Welt schnell ändern – oder letztlich gar nicht mehr vollständig beschreibbar sind.


Das ist nicht neu. Diese Herausforderung hat uns von klassischen Wasserfallmodellen zu agilen Methoden geführt. Doch nun steht nicht nur die Art und Weise, wie wir Software erstellen, zur

Diskussion – sondern die Software selbst.


Von „wie“ zu „was ist möglich“


Das Model Context Protocol (MCP) von Anthropic wirkt auf den ersten Blick unspektakulär. Es legt fest, wie KI-Systeme auf externe Tools und Daten zugreifen können. Doch in Wirklichkeit verändert es die Perspektive auf das, was Software leisten und sein soll.


Statt jeden Handgriff zu programmieren, beschreibt man nur noch, was verfügbar ist: ein Zugang zu einer Datenbank, ein Suchindex, ein Kalender. Der Agent – also das KI-System – entscheidet selbst, ob und wann er darauf zugreift.


Mit dem Beitritt von OpenAI zum MCP-Standard steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich dieses Modell durchsetzt – nicht nur technologisch, sondern auch möglicherweise als neue Abstraktionsebene.


Software war bislang eine Sammlung von Wenn-Dann-Regeln. MCP verschiebt diesen Fokus: Weg von Vorschriften, hin zu Angeboten zur Interaktion.


A2A: Wenn Software mit sich selbst spricht


Während MCP den Zugang zu Tools regelt, geht das von Google initiierte Agent-to-Agent-Protokoll (A2A) einen Schritt weiter: Es definiert, wie autonome Systeme miteinander kommunizieren – ohne vorherige Konfiguration, aber mit klarer Struktur.


A2A wird derzeit von über 50 Partnern unterstützt. OpenAI und Anthropic werden bislang nicht unter den offiziell gelisteten Partnern geführt.


Ein Agent beschreibt über eine sogenannte Agent Card, was er kann. Andere Agenten können diese Informationen abrufen, Aufgaben delegieren, Rückfragen stellen oder Ergebnisse übernehmen. A2A ist damit ein Protokoll für dynamische, dezentrale Kooperation.


Das klingt zunächst technisch – und ist es auch. Aber es wirft eine grundlegende Frage auf: Was passiert, wenn Software nicht mehr nur modular ist, sondern – bildlich gesprochen – sozial? Wenn sie Fähigkeiten nicht nur nutzt, sondern auch weitergibt?


Kein Konkurrenzkampf, sondern ein Stack


Beide Protokolle – MCP und A2A – bedienen unterschiedliche Ebenen:

  • MCP verbindet Agenten mit Werkzeugen.

  • A2A verbindet Agenten miteinander.


Google beschreibt das als aufeinander aufbauendes System: vertikale Integration unten, horizontale Koordination oben. Die Welten beginnen sich zu überlappen – aber ohne in Konkurrenz zu treten.


Dass OpenAI MCP unterstützt und Google MCP in sein Agent Development Kit aufgenommen hat, zeigt: Es geht hier nicht um Marktanteile, sondern um die Frage, wie die Softwarearchitektur der nächsten Jahre aussehen könnte – leise, aber strategisch.


Ein leiser Paradigmenwechsel


Der eigentliche Wandel liegt weniger in der Technik als in der Haltung.


Früher musste alles explizit beschrieben werden. Heute genügt es, Fähigkeiten zu deklarieren – die Entscheidung, was daraus gemacht wird, treffen zunehmend die Systeme selbst.


Man könnte sagen: Wir programmieren nicht mehr Abläufe, sondern Ökosysteme. Und überlassen der Software, sich darin zurechtzufinden.


Ob dieser Ansatz langfristig tragfähig ist, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Doch es zeichnet sich ab, dass wir erst am Anfang stehen, das Zusammenspiel intelligenter Systeme als eigene Disziplin zu verstehen.


Natürlich bringt dieser Wandel auch neue Herausforderungen. So wie agile Methoden manche Probleme gelöst – und neue erzeugt – haben, wird es hier nicht anders sein. Software wird dynamischer, weniger vorhersehbar. Nur weil etwas einmal funktioniert hat, heißt das nicht, dass es wieder funktioniert. Oder anders gesagt: Was gestern funktioniert hat, muss heute nicht mehr gelten.


Aber auch das ist in der Realität vieler Enterprise-IT-Landschaften mit Microservices, ständigen Deployments und verteilten Systemen längst Normalität geworden. Vielleicht ist genau das die passende Analogie: Wir sind es gewohnt, dass Systeme in Bewegung sind. Jetzt fangen sie an, miteinander zu sprechen.


Ein Beispiel


In klassischen Unternehmen sind Genehmigungsprozesse oft über BPMN modelliert – klar definiert, wer wann was prüft, mit festgelegten Eskalationen und Entscheidungen. Solche Prozesse funktionieren gut, solange sie stabil bleiben und alle Ausnahmen antizipiert wurden.


Mit MCP verlagert sich diese Logik: Ein Agent erkennt, welche Informationen aktuell verfügbar sind – z. B. Budgetrahmen, bestehende Freigaben, geltende Richtlinien – und entscheidet auf Basis dieser Kontexte, wie der nächste Schritt aussehen soll.


Mit A2A geht das noch weiter: Der initiierende Agent kann andere Agenten einbeziehen – etwa einen für Compliance-Prüfungen, einen für Delegationslogik, einen weiteren, der Kalenderdaten verwaltet. Die Abstimmung erfolgt dynamisch, ohne zentralen Workflow – aber dennoch strukturiert.


Was früher eine Prozessdefinition war, wird zu einer situativen Koordination zwischen spezialisierten, miteinander sprechenden Systemen.

 
 
 

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
Zukunftsfähige KI-Strategien:

Wie Sie die richtigen Use Cases erkennen Die Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz schreitet rasant voran. Unternehmen und...

 
 
 
Fractional ?!

Fractional CTO: Ein Modell auf dem Vormarsch Fractional-Executives – erfahrene Führungskräfte auf Teilzeitbasis – gewinnen zunehmend an...

 
 
 

Comments


bottom of page